Das Erkennen und der Umgang mit Gefühlen fällt manchen Erwachsenen schwer. Doch nur, wer seine Gefühle erkennen und benennen kann, kann dahinterliegende Bedürfnisse (nach Verbundenheit, Anerkennung, Gesehen-werden, Sicherheit, positiven Gefühlen und vielen mehr) identifizieren und sein Verhalten zielgerichtet lenken. Gefühle erkennen bedeutet, sich zu erkennen. Gefühle zeigen heißt, sich der Welt zu zeigen. Somit spielen Gefühle eine wichtige Rolle, wenn wir ein erfülltes und an Werten orientiertes Leben führen möchten und erleichtert den Kontakt zu anderen Menschen ungemein. Denn Gefühle haben auch eine wichtige Kommunikationsfunktion. Nur wenn wir Gefühle bei anderen erkennen und unsere offen zeigen, können wir gut aufeinander zugehen und sozial kompetent agieren. Begegnung auf Augenhöhe heißt, die eigenen Bedürfnisse aber auch die des Gegenüber wertzuschätzen und aufeinander zuzugehen. Deswegen beschäftige ich mich nicht nur mit meinen PatientInnen regelmäßig mit Gefühlen, sondern biete nun auch an einer Grundschule eine AG zum Thema Gefühle und Achtsamkeit an.
Die Kinder sollen spielerisch ihre Gefühle kennenlernen und einen Umgang damit erproben. Dazu basteln wir zu Beginn eine Gefühlsuhr, auf dem neben den viel Basisgefühlen (Angst, Trauer, Ärger und Freude) weitere wichtige Gefühle wie Überraschung oder Ekel abgebildet sind. Mit einer Pantomimeübung drücken die Kinder nonverbal ihre Gefühle aus und die anderen Kinder raten. Dieser Einstieg dient dazu, Vertrauen zu schaffen und die Kinder zu ermutigen, mehr über ihr Erleben zu sprechen. Die Kinder lernen, wie Gefühle überhaupt entstehen und welche Bedürfnisse dahinter stehen. Außerdem beschäftigen wir uns mit dem Umgang mit Gefühlen und dahinterliegenden Gedanken, besprechen beispielsweise, wie man Gefühle stärken oder abschwächen kann. Ich lade die Kinder außerdem ein, ihren Körper achtsam wahrzunehmen und zu schauen, wo sich die Gefühle verstecken. Wir spielen und singen rund um das Thema Gefühle.
Das Ziel dieser AG ist es, allen Gefühlen einen Raum zu geben und die Kinder neugierig zu machen. Die Arbeit mit den Kindern wiederum inspiriert meine Arbeit mit meinen erwachsenen PatientInnen.
Dipl.-Psych. Claudia Jessen