Wie reagieren Sie auf Gefühlsäußerungen ihrer Mitmenschen?
Ihr Kind hat Angst vor der Schule, ein Kollege ist richtig sauer, ihr Partner sagt ihnen, was ihn stört, eine Freundin weint, …. Vermutlich kennen Sie solche Momente? Für die meisten Menschen ist das echt herausfordernd. Es passiert schnell und man fühlt sich vielleicht persönlich angegriffen und kritisiert, andere reagieren mit Hilflosigkeit und Verunsicherung und möchten schnell alles wieder gut und weg machen. Andere steigen inhaltlich ein, wollen sich erklären. Dabei ist der andere gar nicht in der Lage, wirklich zuzuhören. Oft kommt der Impuls, sofort etwas tun zu müssen. Und manch einer möchte schnellstmöglich aus der Situation verschwinden.
Häufig kommt es zu folgenden Antworten:
„Ärger dich nicht!“, „Das war doch gar nicht so!“, „Sei nicht traurig“, „Ich konnte doch gar nicht anders“, „Du brauchst doch gar keine Angst zu haben“, „Das geht schnell wieder vorbei!“, „Jetzt reiß dich mal zusammen!“, „Laß mich in Ruhe damit“, „Jetzt versetz dich doch mal in meine Lage!“ …
Helfen solche Äußerungen? Leider Nein. Solche Aussagen sind invalidierend. Was bedeutet das? Durch solche Äußerungen werden Gefühle infrage gestellt. Aber Gefühle sind immer erstmal echt und ok und weisen auf die Bedürfnisse in diesem Moment hin. Gefühle erzählen uns etwas ganz Wichtiges über den anderen. Gefühle infrage stellen bedeutet, die Person infrage zu stellen und damit die Möglichkeit zu verpassen, Bedürfnisse zu erfüllen und dadurch Beziehungen auf ein höheres Level zu stellen. Der Ärger möchte gehört werden! Die Angst braucht Sicherheit. Die Traurigkeit braucht Trost und Geborgenheit. Die Freude möchte Aufmerksamkeit. Es geht NICHT darum, immer genau zu wissen, was wir tun oder sagen sollten in solchen Situationen. Es geht darum, neugierig zu sein, interessiert am anderen.
Durch echtes Zuhören und Validieren geben wir unserem Gegenüber den Raum, Gefühle zu spüren und zu zeigen. Dies ist echte Wertschätzung und ein wahres Geschenk. Auch wenn es Überwindung kostet, sich auf den anderen einzulassen, können wir dadurch Verbundenheit herstellen. Es reicht meist schon aus, offen zu sein für das, was unser Gegenüber mitteilen möchte. Dadurch werden Gefühle bereits wieder abgemildert und es wird Raum für echte Begegnung geschaffen.
Wie geht das nun mit dem Validieren? Nehmen Sie sich Zeit. Wenn Sie in dem Moment der Äußerung überrumpelt sind, bieten Sie einen Termin an, z.B. „Heute Abend setzen wir uns nochmal zusammen und ich höre dir zu“. Versuchen Sie gerne folgende Fragen:
- Erzähl mir mehr!
- Was genau meinst du damit? Das interessiert mich!
- Ich kenne das, mir geht es auch manchmal so, wie ist das genau bei dir?
- Danke für deine Offenheit
- Kann ich etwas tun oder soll ich einfach bei dir sein?
- Es tut mir leid, dass du dich so fühlst!
- Es ist nicht immer leicht, sich so zu fühlen
Und das Wichtigste: diese Haltung hilft nicht nur im Umgang mit anderen sondern ist eine essentiell wichtige Strategie im Umgang mit uns selbst! Nehmen Sie sich heute Abend gerne ein paar Minuten Zeit und stellen Sie sich selbst diese Fragen. Validieren Sie sich selbst, hören Sie sich zu. Sie werden erstaunt sein, was alles passiert.